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Beim Amt eines Archon (griechisch: ἄρχων [archon]; Plural [Archonten] griechisch: ἄρχοντες [archontes]) hat es im antiken Athen im Lauf der Zeit Änderungen im Verfahren gegeben.
In der Anfangszeit wurden reiche Adlige (alter Adel) zu Archonten gewählt. Nach Aristoteles, Athenaion Politeia 3, 1 wurden die Staatsämter in der Zeit vor Drakon nach Güte der Herkunft/nach dem Adel des Geschlechts und nach Reichtum (ἀριστίνδην καὶ πλουτίνδην) besetzt. Nach Aristoteles, Athenaion Politeia 3, 6 war dies auch vor der politischen Neuordnung durch Solon so (ἀριστίνδην καὶ πλουτίνδην). Die Angehörigen des athenischen Geburtsadels (vornehme Abstammung) werden auch als Eupatriden (griechisch: εὐπατρίδαι [eupatridai]; »Abkömmlinge von guten Vätern«/»Söhne edler Väter«) bezeichnet.
Solon hat eine Einteilung in vier Vermögensklassen eingeführt, nach denen politische Rechte und Pflichten abgestuft waren:
1) Fünfhundertscheffler (griechisch: πεντακοσιομέδιμνοι [pentakosiomedimnoi]: Ernteertrag über 500 Scheffel pro Jahr
2) Reiter (griechisch: ἱππείς [hippeis]): Ernteertrag über 300 Scheffel pro Jahr
3) Zeugiten (griechisch: ζευγίτες [zeugites]): Ernteertrag über 200 Scheffel pro Jahr
4) Theten (griechisch: θήτες [thetes]): Ernteertrag unter 200 Scheffel pro Jahr
In der von Solon geschaffenen politischen Ordnung waren offenbar (Aristoteles, Athenaion Politeia 7, 3 deutet stark darauf hin) Angehörige der obersten Vermögensklasse (Fünfhundertscheffler) zu Archonten wählbar. Diese wurden aber nicht vom Areopag gewählt, sondern von den athenischen Bürgern.
Solon hat nach Aristoteles, Athenaion Politeia 8, 1 – 2 die Bestellung der Archonten durch den Areopag aufgehoben und eine Losung aus einer kurzen Liste Vorgewählter eingeführt (die davon abweichenden Bemerkungen bei Aristoteles, Politik 2, 9, 1273 b 35 – 1274 a 17, Solon habe das aristokratische Prinzip der Wahl vertreten, sind wohl als knappe allgemeine Aussagen auszulegen, die nicht auf Genauigkeit in jeder Einzelheit abzielen). Rhodes meint, die angebliche Bestellung der Archonten durch den Areopag vor Solon könne jedoch auf einem Mißverständnis einer Dokimasie (δοκιμασία), einer hauptsächlich formale Eignungsprüfung von Bewerbern für Ämter (z. B. Besitz des Bürgerrechtes, Erfüllung vorgeschriebener Bürgerpflichten, geistige und charakterliche Mindestvoraussetzungen) durch den Areopag beruhen. Wenn die Angabe bei Aristoteles, Athenaion Politeia zutrifft, müssen die Tyrannen im 6. Jahrhundert v. Chr. zur direkten Wahl zurückgekehrt sein.
In der von Kleisthenes 508/507 v. Chr. herbeigeführten Staatsordnung, Isonomie (ἰσονομία [isonomia]) genannt, eine Frühform der Demokratie in Athen, waren Angehörige der ersten und der zweiten Vermögensklasse (Reiter [Hippeis]; spätestens seit 487/486 v. Chr.) zu Archonten wählbar.
487/486 v. Chr. wurde von den Athenern die Losung der Archonten aus von den Demen (Gemeinden) jeweils für eine Phyle vorgewählten Kandidaten (πρόκριτοι [prokritoi]) eingeführt (Aristoteles, Athenaion Politeia 22, 5). Es gibt Deutungsunterschiede in Bezug auf die Anzahl der Vorgewählten. Bleicken nennt 100 (so auch im 4. Jahrhundert v. Chr.), Rhodes gibt an, bei einer Wiedereinführung der Losung 487/6 v. Chr. sei sie jedoch sicher nicht eine Losung aus 500 Vorgewählten gewesen.
Nach 458/457 v. Chr., wahrscheinlich noch im 5. Jahrhundert v. Chr., gingen die Athener zu einem reinen Losverfahren, mit zwei hintereinandergeschalteten Losungen, über. Auch Angehörige der dritten Vermögensklasse, die Zeugiten, konnten nun Archon werden (Aristoteles, Athenaion Politeia 26, 2).
In späterer Zeit (spätestens 4. Jahrhundert v. Chr.) hat tatsächlich anscheinend in der Praxis keine Beschränkung nach Vermögensklassen mehr stattgefunden, indem keiner, der zu einem Amt gelost wurde, angab, nur Thete (vierte Vermögensklasse) zu sein und diese Nicht-Angabe der eigenen Vermögensklasse geduldet wurde (vgl. Aristoteles, Athenaion politeia [Staat der Athener] 7, 4).
Informationen:
Jochen Bleicken. Die athenische Demokratie. 2., völlig überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage. Paderborn ; München ; Wien ; Zürich : Schöningh, 1994, S. 41, S. 232 und S. 453
Peter J. Rhodes, Archontes [I, Amt]. In: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Antike ; Altertum. Herausgegeben von Hubert Cancik und Helmuth Schneider. Band1: A – Ari. Stuttgart ; Weimar, Metzler, 1996, Spalte 1026 – 1028