Was ist die Ursache für den Pufferbereich bei der Titration einer schwachen Säure?

Hallo,

die Titrationskurve zur schwachen Säure weist zuerst einen kurzen starken Anstieg auf, dann folgt ein Bereich mit flachem Anstieg, der als Pufferbereich bezeichnet wird. Zur Pufferwirkung finde ich bei verschiedenen Autoren verschiedene Erklärungen:

a) Die schwache Säure dissoziiert weiterhin; es entstehen weiterhin Oxoniumionen.

b) Die schwache Säure hat eine starke konjugierte Base. Die konjugierte Base der schwachen Säure liefert zusätzliche Hydroxidionen.

c) Das Prinzip von Le Chantelier

Welche Rolle spielen diese drei Prinzipien bei der Titration einer schwachen Säure?

Kann b) eine Erklärung dafür sein, dass der pH-Anstieg plötzlich stagniert? Kann man die Pufferwirkung tatsächlich durch zusätzliche Hydroxidionen erklären?

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indiachinacook
3 months ago

Bei der Titration einer starken Säure ist die Situation sehr einfach: Die Säure, z.B. HCl, ist vollständig in H₃O⁺ und Cl¯ dissoziiert, und im Verlauf der Titration wird einfach das H₃O⁺ wegtitriert. Die Chloridionen tun überhaupt nichts und schauen nur zu. Weil das so einfach ist, kann man sogar ziemlich schmerzlos eine geschlossene Formel angeben, wie der pH von der Basenzugabe abhängt:

Dabei sind c₀ und V₀ Konzentration und Volumen der vorgelegten HCl, und c und V beziehen sich auf die NaOH. Die Sache ist so einfach, weil man nur ein einziges Gleich­gewicht berücksichtigen muß, nämlich die Autoprotolyse des Wassers.

Bei der Titration einer schwachen Säure mit NaOH wird alles komplizierter, weil ein wei­teren Gleichgewicht ins Spiel kommt, nämlich das zwischen der Säure, z.B. Essig­säure, und ihrem Anion, also Acetat. Am Anfang der Titration liegt die Essigsäure größ­tenteils als Säure vor, also protoniert, und erst im Lauf der Titration bildet sich das Acetat in signifikanten Mengen (erinnere Dich, im Fall von HCl war das Cl¯ von An­fang an da). Deshalb gibt es während der Titration eine Phase, in der sowohl CH₃COOH als auch CH₃CO₂¯ nebeneinander vorliegen. Das ist aber ein Paar von kon­ju­gierter Säure und Base, und so ein Paar bildet immer einen Puffer (warum? weil zu­gegebenes H₃O⁺ vorwiegend mit Acetat reagiert und zugegebenes OH¯ vorwiegend mit der Essigsäure; deshalb können sie sich nicht ansammeln und den pH verändern).

Eine traurige Konsequenz dieser Komplexität ist, daß die Formel für die Titrations­kurve schmerzhaft kompliziert wird. Realistischerweise macht man das über ein paar Zwischenschritte, die bei jedem Titrationspunkt neu berechnet werden müssen:

Man kann das aber auch sympathischer als Kurve anschreiben, und das sieht dann z.B. für die relativ starke Chloressigsäure, für die übliche Essigsäure und für die sehr schwache Borsäure so aus. In jedem Fall werden 20 ml 0.1 mol/l Säure mit 0.1 mol/l NaOH titriert, die schwarze Kurve ist die Titrationskurve und die weiße die erste Ablei­tung dazu.

Das Wichtige dabei sind die Hintergrundfarben, die die Verhältnisse zwischen Säure (rot) und Anion (blau) wiedergeben. Du siehst, daß in allen Beispielen zwischen An­fang und Äquivalenzpunkt ein Bereich vorkommt, in dem Rot und Blau beide in ähn­lichen Mengen vor­han­den sind, und dann puffert die Lösung. Der Ring auf der Titra­tions­kurve zeigt an, wann die beiden genau im Verhältnis 1:1 vorkommen; man erwar­tet das auf halbem Weg zum Äquivalenzpunkt, und das stimmt auch (nur die Chlor­essig­­säure hat diesen Punkt etwas früher, weil die halbstark ist und immer ein biß­chen mehr Dissoziiert, also mehr Anion bildet, als man es von einer schwachen Säure erwartet).

Solche Plots kann man natürlich auch für mehrbasige Säuren machen. Dann wird alles komplizierter, weil es mehr Spezies gibt, z.B. bei der Phosphorsäure:

Aber auch hier siehst Du, daß es Pufferbereiche gibt, weil zwei Spezies (ein Säure/Base-Paar) in ähnlichen Mengen vorkommen. In diesen Bereichen ist die Kurve flach.

indiachinacook
3 months ago
Reply to  Lugano7

Wenn Du HCl in Wasser löst, dann bilden sich quantitativ H₃O⁺ und Cl¯. Während der Titration wird H₃O⁺ von OH¯ weggefressen, aber das Cl¯ kriegt das nicht mit; es ist einfach gelöst, umgibt sich also mit H₂O-Molekülen in der Lösung (Solvatisie­rung). Ein Cl¯ merkt keinen Unterschied, ob es als Bestandteil einer HCl-Lösung oder einer NaCl-Lösung im Wasser herumschwimmt.

Man sagt oft schlampig, daß sich bei der Neutralisation ein Salz bildet, aber das stimmt nicht wirklich: Es bildet sich eine Salzlösung, aber solange die Ionen ge­trennt voneinander in der Lösung herumflitzen, hat sich eigentlich kein Salz ge­bildet (das Na⁺ und das Cl¯ machen immer dieselben Sachen, egal ob NaCl, NaOH oder HCl-Lösung). Echte Salzbildung tritt erst ein, wenn Du das Wasser weg­dampfst und das Salz als Festkörper übrigbleibt, denn erst dann kommen die Ionen Na⁺ und OH¯ wirklich miteinander in Kontakt.

Nun zur Wirkungsweise von Puffern.

Nehmen wir an, Du hast reines Wasser und schüttest H₃O⁺ dazu. Jedes zu­ge­ge­be­ne H₃O⁺ bleibt in der Lösung, und beeinflußt damit den pH. Aber wenn in der Lö­sung Acetat-Ionen CH₃CO₂¯ enthalten sind, dann können diese H₃O⁺ abfangen und Essigsäure bilden, weil Acetat eine stärkere Base als Wasser ist und daher die H₃O⁺ anzieht wie Speck die Mäuse:

CH₃CO₂¯ + H₃O⁺ ⟶ CH₃COOH + H₃O⁺

Analog ist es mit OH¯ und CH₃COOH. Auch hier wird zugegebenes OH¯ von der Essigsäure abgefangen und zu Acetat verarbeitet, weil das basische OH¯ mit der stärkeren Säure (CH₃COOH) und nicht mit der schwächeren (H₂O) regiert.

In einem Puffer hast Du jetzt von vorneherein große Mengen Essigsäure und Acetat in der Suppe. Zugegebenes OH¯ oder H₃O⁺ reagiert mit diesen und verschiebt leicht das Konzentrationsverhältnis zwischen den beiden. Das beeinflußt den pH ein bißchen (Henderson–Hasselbalch-Gleichung), aber eben viel weniger, als wenn die OH¯ oder H₃O⁺ als solche in der Lösung bleiben würden.

indiachinacook
3 months ago
  1. Nein, sondern von außen dazugeschüttet. Puffer sollen ja genau solche zugegebenen OH¯ und H₃O⁺ unwirksam für den pH machen
  2. Ja.
  3. CH₃COOH + OH¯ ⟶ CH₃CO₂¯ + H₂O, das ist eine ganz normale Neutralisation und dabei fehlt niemandem ein Elektron (links und rechts gibt es gleich viele Ladungen).