Kann ein MOSFET „Sicherung“?
Einer unserer Freelancer hat unseren IT-Boy gegen die fast 5 Jahre alten Schmelz-Sicherungen in unserem 100V-DC-Netz aufgehetzt, weil er die nicht sicher genug findet… Der hat sich dann eine eigene Sicherungs-Schaltung ausgedacht… Simulation
Als er mit seinem Prototypen fertig war, dachte ich mir, dass ich mal einen Schraubenzieher in diesen XT60 Stecker (OUT1) halte (bevor es wahrscheinlich der Freelancer bei der „Abnahme“ macht…), den er in das PCB gelötet hat… Es blitzte kurz und danach brannte der Q23 wie ne Kerze und etwas später hat die 100A Sicherung vom 51,2V Akku das Elend dann endlich beendet (die „Kerze“ hab ich mit einem nassen (Wasser) Schwamm gelöscht…)…
Warum funktioniert seine Schaltung nicht, obwohl er den U7 richtig programmiert hat (bei einem 10 Ohm Widerstand hat das Ding nämlich brav abgeschaltet, weil 5A das absolute Maximum für den Verbraucher an OUT1 sein soll…)?
Sollen wir also bei diesen altmodischen unintelligenten Sicherungen bleiben?
Oder kann man sein „Design“ noch iwi retten?
Wenn Q23 beliebig niederohmig wäre, dann würde bei einer angelegten Spannung von 50 Volt ein (nur vom Shunt R43 begrenzter) Kurzschlussstrom von 100 kA fließen. Bei solchen Strömen kann man weder den R_DS von Q23 noch irgendwelche Leitungsverluste vernachlässigen. Also wird der Strom in Wirklichkeit niedriger. Ein großer Teil der Leistung wird dann wohl über R_DS von Q23 verheizt.
100 kA liegen aber deutlich (!) über den 10 A, die für den Q23 vorgesehen sind. Die schnellste Reaktionszeit des INA 237 sind 50 µs (nach einem flüchtigen Blick ins Datenblatt). Diese Zeit überlebt Q23 aber bei dieser Überlastung auf keinen Fall.
Nicht umsonst sind für Hausanschlüsse (230-Volt-Netz) Schmelzsicherungen vorgeschrieben. (Ich bin zwar kein Elektriker, habe aber nie etwas anderes gesehen.) Moderne Leitungsschutzschalter können zwar 10 kA trennen, aber bei 100 kA kann man denen auch nicht mehr trauen.
kann man dem „Designer“ also zum Trost sagen, dass damals, als wegen der Meyer Werft bis Afrika Stromausfall&Netzspaltung war, die „Sicherung“ danach auch zu nichts mehr zu gebrauchen war?
Bloß eben dass die den Stromfluß dann unterbrochen hat… davon war seine Wunderkerze ja noch weit entfernt… lol* Iwann wär wohl das Kupfer verdampft… oder?
Zumindest geht das Dotierungsgefälle im Q23 verloren. Damit wird Silizium leitend. Was außer Q23 noch abgebrannt wäre – wer weiß das schon.
EFuses sind nett und gut aber sind auch immer nur maximal ein Zusatzschutz.
Wie andere bereits gesagt haben ist bei einem harten Kurzschluss Q23 vermutlich zu langsam um Abzuschalten.
Wie wird hier das Abschaltsignal genau erzeugt und woher kommt es.
Im Datenblatt des Mosfets gibt es eine sogenannte Safe Operating Area und die darf nicht überschritten werden.
Das Abschaltsignal wird (ich habe das Datenblatt aber nicht allzu gründlich gelesen) von einem ADC im INA 237 erzeugt. Der misst die Spannung über dem Shunt R43. Die minimale Wandlungszeit ist 50 Mikrosekunden. Das ist bei so extremer Überlastung viel zu viel.
Das ist schon klar, ich habe in der Schaltung selbst nur keine Ansteuerung des Fets entdeckt, weil mir das Alert auf der Rechten Seite entgangen ist.
Ich dachte daher, dass dieses Abschaltsignal von einem uC kommt was noch wesentlich langsamer gewesen wäre.
Der Diskrete Aufbau des Gatetreibers für Q23 macht die Zeit natürlich nicht besser, also ich würde hier ein wesentlich längeres Delay als 50us annehmen. Zumal der Pullup beim Inverter R49 das Gate von Q26 im Kurzschlussfall extrem langsam laden wird.
Manchmal ist weniger mehr, insbesondere wenn es um Schutztechnik geht. Man möchte dabei die Anzahl von Komponenten, die für den Hauptschutz zuständig sind, möglichst gering halten, damit es möglichst wenige Bruchstellen geben kann. So einfach wie nötig, nur so kompliziert wie nötig.
Natürlich gibt es Szenarien, die aufgrund ihrer Natur mehr Komplexität verlangen, aber ich sehe hier beim besten Willen nicht den Bedarf danach. Auf mich wirkt das nicht nur als eine Verschlimmbesserung, sondern gleich als eine deutliche Verschlechterung. Schmelzsicherungen erfüllen ihre Aufgabe bestens und sind gar bei Mittelspannungsanwendungen sehr beliebt. Sie sind flink, de facto wartungsfrei, haben keine Elektronik oder Intelligenz als Sollbruchstellen.
Für n-1 bzw. Backupschutz kann man dann gerne auf mehr Komplexität oder auf ein anderes Protection-Prinzip setzen. Es ist aber eben als Backup gedacht.
ok… also war er auf ner „impossible mission“?
gibt es wenigstens einen MOSFET (oder IGBT oder so), der wie ne Schmelzsicherung ist, wenn der Strom zu hoch ist… ich versteh gar nicht, wieso der MOSFET im Versuchsaufbau so viel Strom gezogen hat… sogar zwischen Gate und Drain und Source war n „Kurzer“, als wir es nicht bis zum Feuer kommen ließen…
Impossible ist es nicht. Es gibt auch fertige ICs für OCP. Man kann sich hierbei an die guten OCP Designs bei modernen Computernetzteilen orientieren.
Jeder MOSFET oder IGBT kann auch wie eine Sicherung im Sinne einer Sollbruchstelle gesehen werden. Die gemäß elektrische Eigenschaften resultierende Zeit-Strom-Kennlinie des Bauteils ist dann das Entscheidende, wann und wie schnell er “kaputt” geht und wie ne Schmelzsicherung fungiert (Einwegsicherung).
Ich würde bei elektronischem Schutz galvanisch getrennte Lösungen bevorzugen. Z.B. mit Optokopplern oder gerne induktiv. Keinen Messshunt im Lastpfad, sondern induktiv mit Stromwandler, wo die Messgröße für den Schutz galvanisch getrennt ist, aber auch rein durch die Sättigung der Induktivität begrenzt wird und den Messkreis für den Schutz vor Überlast schützt.