Ich bin verletzt wenn Leute nicht über was reden wollen?
Wenn ich Freunde von mir darum bitte, mir über bestimmte Sachen aus ihrem Leben zu erzählen und dann “ich will lieber nicht drüber reden” als Antwort bekomme, bin ich verletzt.
Konkreteres Beispiel: Jemand aus meinem Freundeskreis hat erzählt, dass sie jemand neues trifft, ich habe sie gebeten, mir davon zu erzählen und dann das als Antwort bekommen. (Im Anschluss habe ich noch gefragt, ob sie mir wenigstens sagen kann ob’s positiv oder negativ war und sie meinte es war gut. Also auch nichts was jetzt belastend wäre, wenn man drüber reden würde. (Das hätte es für mich vllt leichter gemacht) )
Naja auf jeden Fall wollte ich fragen, ob das jemand erklären kann, ob das jmd kennt (sehr wahrscheinlich denk ich mal), und, am wichtigsten, ob jemand vielleicht neue Gedanken von außen einbringen kann, die da helfen? Ich weiß ja, dass es deren gutes Recht ist, nicht über Sachen reden zu wollen, es verletzt mich nur trotzdem. Der stärkste Gedanke da wäre dann immer “Mag sie mich weniger?” Bzw mehr “ist unsere Bindung schwächer geworden?” (Hab das davor von ihr noch nie gehört und in letzter zeit immer öfter, die hat mir mal alles erzählt)
Ich hätte gerne einfach eure Gedanken dazu.
Jeder hat so seine letzten 5%, die er nicht mit seinem intimsten und dauerhaften Partner teilt und vielleicht auch nie mit ihm teilen wird. Dem Partner ist es wahrscheinlich nicht einmal bewusst, dass da noch ein paar Dinge sind, von denen er ausgeschlossen ist und auch bleibt. Bei dem einen sind es vielleicht nur 5%, bei dem anderen mehr. Das ist so und das ist meistens auch gut so. Es könnte ja auch etwas sein, was den Partner nur völlig unnötig belastet oder verunsichert.
Du sprichst jetzt von Leuten aus deinem Freundeskreis. Es geht also noch nicht einmal um den Partner oder die Partnerin. Ich bitte dich, man muss nicht von jedem alles wissen. Deine Bekannte oder gute Freundin möchte dir vorläufig nichts über ihre neue Bekanntschaft erzählen. Überleg mal, eventuell ist sie sich selbst noch überhaupt nicht sicher, was daraus wird, vielleicht hat sie im Moment ganz wirre Gefühle, kann alles für sich noch nicht einordnen. Das möchte sie u.U. erst mal lieber für sich selbst klären, als es dir zu erzählen, und du gibst dann möglicherweise ungebeten deinen Senf dazu. Den braucht sie nicht, der verwirrt sie nämlich vielleicht noch mehr. Vielleicht laberst du sie dann zu, vielleicht redest du viel unausgegorenes Zeug. Vielleicht bist du auch nicht so verschwiegen, wie du vorgibst zu sein. Keine Ahnung. Möglicherweise trifft auch überhaupt nichts von dem zu, was ich dir jetzt gerade unterstellt habe, und sie will einfach nur in Ruhe gelassen werden.
Das musst du respektieren. Es ist einfach ihre Intimsphäre. Das muss überhaupt nichts damit zu tun haben, dass sie dich evtl. nicht mehr so mag, wie du gedacht hast. Wenn sie dir etwas erzählen möchte, wird sie schon von selbst kommen.
Du darfst das nicht auf dich projizieren. Mein erster Gedanke wenn mich jemand fragt “erzähl mir alles” ist auch, dass es Dinge gibt, die ich lieber für mich behalten würde. Die Kennenlernphase ist intim und zerbrechlich, Kommentare oder Interpretationen von anderen können das Verhältnis stören. Ich denke die Freundin will es erstmal genießen und sicher mit demjenigen werden, bevor sie das Verhältnis offiziell macht und näheres erzählt.
Du möchtest eure Bindung stärken und bietest ein offenes Ohr, dass man Nöte und Sorgen mit dir teilt und dafür wirst du abgewiesen. Das gibt dir das Gefühl, ausgeschlossen zu werden, vllt. auch sogar, dass man dir nicht vertraut, besonders dann, wenn sie mit anderen darüber reden, aber mit dir nicht. Möglicherweise steckt da auch Verlustangst wegen Selbstzweifel dahinter. Oder auch Kontrollbedürfnis, weil du unbedingt noch wissen möchtest, ob es wenigstens positiv oder negativ ist, was sie beschäftigt. Einfach akzeptieren, du musst nicht alles wissen und erfährst es früher oder später sowieso irgendwie, irgendwo.
Wenn jemand über bestimmte private Sachverhalten nicht reden will, kann das naturgemäß sehr unterschiedliche Gründe haben:
Er/sie könnte sich über die Situation noch sehr im Unklaren sein, so dass jede Aussage einen hohen spekulativen Anteil enthalten würde, was dazu führt, dass ein Hörer oder eine Hörerin diese Vagheit nicht richtig einschätzen kann und sehr leicht zu spekulativen Fehlkommentaren gelangt, die wenig hilfreich sind.
Ein bestimmter persönlich intensiv erlebter (oftmals neuer) Kontakt kann als so wertvoll und schützenswert eingestuft werden, dass ein darüber Erzählen als indiskret erlebt wird und folglich abgewehrt wird.
Bestimmte Erlebnisse können wie ein kleiner Besitz erlebt werden, den man durch Weitererzählen teilweise verliert. Man ist dann nicht mehr exklusiver Besitzer dieser Sache, was einer Wertminderung gleich kommt. Folglich wird der/die Betreffende so reagieren, wie du in deiner Fragestellung beschrieben hast.
Es gibt Erlebnisse, die so vage, opak und emotional uneindeutig sind, dass sie erst durch Meditation, Tagträumen oder langes Durchphantasieren für einen selbst voll aufgeschlossen werden können, wobei man diese Optionen durch voreiliges Weitererzählen zunichte machen würde und deswegen abwehrt.
Du siehst aus den wenigen Beispielen, dass es durchaus gute Gründe geben kann, dass auch eine gute Bekannte dir nicht alles erzählen mag – ohne dass bei ihr ein aversives Moment (fehlendes Vertrauen; persönliche Ablehnung) vorhanden sein muss.